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 Zivil- und Katastrophenschutz – zwei Seiten einer Medaille?“

Mittwoch, 8. Mai 2024, 11:00 - 12:30 Uhr

Raum: Violett

Impuls und Moderation: Sabina Kaczmarek, Zukunftsforum öffentliche Sicherheit

Die Moderatorin der Session, Frau Kaczmarek (Zukunftsforum öffentliche Sicherheit), machte in ihrem Impuls deutlich: Die letzte Zivilschutzübung in Deutschland war vor circa 55 Jahren. Die Konzeption der Zivilen Verteidigung befasst sich mit der Gestaltung der Aufgabenbereiche Staatsfunktionen, Zivilschutz, Bevölkerungsversorgung und Unterstützung der Streitkräfte. Die ersten drei Bereiche sind zivil, wobei im Spannungsfall die Kräfte des Katastrophenschutzes für den Zivilschutz einspringen würden. Dies könnte zu Kapazitätsproblemen und Konflikten führen, weshalb Schnittstellen frühzeitig bedacht werden müssen. Denn die Bevölkerung würde im Zivilfall Hilfe erwarten

Herr Dr. Tobias Plate vom Bundesministerium des Innern und für Heimat, RL KM2 zeigt auf die neue Bedrohungslage in Europa, die deutlich macht, wie verwundbar die Gesellschaft ist.  Wir als Gesellschaft müssen wieder in der Lage sein, uns zu verteidigen. Das gehe nur durch militärische und auch zivile Komponenten. Um Deutschland in kurzer Zeit vorzubereiten, benötige es Geld und Ressourcen.

Dr. Frank Altenbrunn, Forschungsleiter THW sagt, das THW hat den Zivilschutz vernachlässigt. Wie die Zivilschutzfähigkeit aufrechterhalten bleiben kann, wird momentan intern diskutiert. Das THW unterscheide nicht zwischen Krisen und wird auch im Spannungsfall Hilfe leisten.

Was für Kapazitätsprobleme und Konflikte im Spannungsfall auf das Deutsche Rote Kreuz zukommen, beschreibt Dr. Heike Spieker, DRK-Generalsekretariat. Eine zentrale Frage für das DRK ist, wie bringen wir das in den Einsatz: wer zahlt, woher bekommen wir Material und Menschen? Der Zivilschutz besteht hauptsächlich aus Ehrenamtlern, daher kommt es zu Doppelzählungen. Das gleiche gilt für Material.

Per Kleist, Berliner Feuerwehr, ständiger Vertreter des Landesbranddirektors sagt, die Feuerwehren haben personalmäßig einen hohen Anteil und sollten im Zivilschutz mitgedacht werden. Doch auch aus der Sicht der Feuerwehren gibt es offene Fragen, u.a. wer im Zivilschutzfall führt oder wie sich die Feuerweheren bei länderübergreifenden Schadensfällen in die Operationskette einfügen. Zusätzlich gilt es zu bedenken, die Feuerwehr kann gut längere Situationen meistern, jedoch nicht langanhaltende Situationen oder autark agieren. Daher muss auch die eigene Resilienz gestärkt werden. SIFO Projekte wie TankNotStrom sind daher wichtig, um sich vorausschauend vorzubereiten.

Oberstleutnant Meik Armin Modersohn, Bundeswehr, Territoriales Führungskommando meint, die Zusammenarbeit mit dem Zivilschutz würde sich aus Bundeswehr Sicht nicht groß ändern. Bereits in der Vergangenheit wurde bei Katastrophen z.B. im Ahrtal mit u.a. dem THW sehr gut zusammengearbeitet. Im Spannungsfall sind die Länderkommandos für das Militär der direkte Draht zu den BOS.

In seinem Impulsvortrag stellte er die militärische Sichtweise vor. Im Spannungsfall wird Deutschland zur Drehschreibe für die NATO. Aufgrund der geographischen Lage ist Deutschland Transitland. Der Operationsplan Deutschland sieht im Spannungsfall vor, dass zur Abschreckung die Ostfront aufgerüstet wird. Dafür werden dann die Verkehrsinfrastrukturen aber auch Materialien und Verpflegung, Wohnraum etc. zusätzlich beansprucht. Deutschland könnte dann aber auch Angriffsziel werden und somit mehr Verletzte und eine höhere Auslastung der Krankenhäuser haben.

Bereits jetzt ist Deutschland unter dem Einfluss von hybriden Bedrohungen (Phase 0). Daher muss sich die Bevölkerung mental darauf vorbereiten.

Frau Spieker greift diesen Gedanken auf. Es fehlt an ärztlichem Personal. Der Abzug bei den Rettungskräften ist keine Lösung. Daher muss die Bevölkerung wieder lernen, wie man Pflege leistet. Die Konzepte dafür gebe es bereits.

Herr Plate fasste es zusammen, die Ressourcen sind begrenzt. „Die Decke ist zu kurz und das überall.“ Daher brauche es in der Bevölkerung wieder die Fähigkeit der Selbsthilfe. Dazu gehören u.a. Vorratshaltung aber auch besonnenes Verhalten der Menschen in angespannten Situationen. Frau Spieker ergänzt, es brauche die gesellschaftliche Erkenntnis, dass wir etwas ändern müssen. Aus Sicht von Herrn Altenbrunn gehe das nur durch eine offene Kommunikation. Die Probleme können nur im gemeinsamen Austausch gelöst werden.

Die Diskussion zeigte, dass noch viele offene Fragen im Zivilschutzfall zu klären sind. Daraus ergeben sich auch Forschungsbedarfe. Es braucht a Konzepte wie man die Zivilgesellschaft einbinden kann. Dazu gehören auch die physiologischen Aspekte, um die Mentalitätshaltung in der Gesellschaft zu ändern, mehr awareness zu schaffen und die Resilienz zu stärken. Auch der Zugang zu Daten ist wichtig, um Forschung zu stärken. Die Industrie muss bei Lösungssuche mitgedacht werden, da sie Bedarfe schnell aufgreifen kann.

 

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