Session 1: Die Krise als Reallabor - Im Einsatz erleben
Dienstag, 3. Mai 2022, 15:00 - 18:00 Uhr
Im Rahmen der Session wurde anhand konkreter Einsatzlagen aufgezeigt, welche Innovationen und Lösungen aus der zivilen Sicherheitsforschung sich beim Einsatz unter realen Bedingungen bzw. in der Praxis bewährt haben. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, ob und wie diese auf den weiteren Forschungs- und Entwicklungsprozess zurückwirken und welche Implikationen sich für die zukünftige Forschungsförderung der zivilen Sicherheitsforschung daraus ableiten lassen.
Im einleitenden Impulsvortrag sowie in vier Berichten zu konkreten Forschungsarbeiten wurden folgende Aspekte vorgestellt:
- Welche Lösungen kamen zum Einsatz?
- Was waren die Modalitäten des Einsatzes? Wurde seitens des Projekts die Hilfe aktiv angeboten, oder wurde z.B. bereits BOS-seitig nachgefragt? Gab es administrative Hürden? Falls ja, wie sahen diese aus, wie wurde mit diesen umgegangen?
- Wie hat das Zusammenspiel der Akteur*innen in der konkreten Krisensituation funktioniert? Was hat die Zusammenarbeit befördert, was behindert? (Spannungsfeld Wissenschaft-Anwender)
- Wie wirkt sich der „Praxistest“ auf den weiteren F & E -Prozess aus? Finden Anpassungen statt?
- Lassen sich die Lösungen auf andere regionale Gebiete / andere Krisenlagen übertragen?
- Wurden die Chancen einer Verwertbarkeit / einer kontinuierlichen, praktischen Anwendung gesteigert?
- Was lernen wir hieraus für die künftige Förderung?
Herr Prof. Dr. Holger Schüttrumpf (RWTH Aachen) eröffnete die Session mit seinem Impulsvortrag, in dem er das Projekt „Governance und Kommunikation im Krisenfall des Hochwasserereignisses im Juli 2021“ (HoWas 2021) vorstellte. In diesem Projekt geht es insbesondere um eine detaillierte Analyse der Geschehnisse während der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 und hier vor allem auch um die Aspekte der Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesbehörden sowie der vor-Ort-Verantwortlichen des Katastrophenschutzes.
Frau Marina Bier (Bergische Universität Wuppertal) stellte anschließend das Projekt „WUKAS - Wissens- und Kompetenzvermittlung im Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Spontanhelfern“ (WUKAS) vor. Während der Bewältigung des Hochwasserereignisses 2021 in Wuppertal konnte über das Projekt eine Hilfsaktion mit ca. 70 Spontanhelfenden gestartet und erfolgreich durchgeführt werden, bei der mehr als 2.000 Sandsäcke innerhalb von vier Stunden befüllt wurden. Die in WuKAS erarbeiteten Ergebnisse haben die Spontanhelfenden bei ihrem Einsatz maßgeblich unterstützt.
Durch Herrn Uwe Kippnich (Bayerisches Rotes Kreuz (BRK)) wurde das Projekt „Künstliche Intelligenz zur Analyse und Fusion von Erdbeobachtungs- und Internetdaten zur Entscheidungsunterstützung im Katastrophenschutz“ (AIFER) präsentiert. Hier stellte Herr Kippnich als Vertreter des BRK sehr eindrucksvoll seine eigenen Erfahrungen als leitende Einsatzkraft während des Hochwasserereignisses an der Ahr vor. Auch im Nachgang der Katastrophe waren Herr Kippnich bzw. das BRK bei nachlaufenden Hilfemaßnahmen eingebunden.
Herr Robert Grafe (Deutsches Rettungsrobotik-Zentrum e.V.) referierte über den Aufbau und die Ausrüstung von Roboter-Einsatzfahrzeugen und den Einsatz von Fahrzeugen und Drohnen zur Unterstützung und Aufklärung bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021. Auch Herr Grafe war selbst im Rahmen der Bewältigung des Hochwasserereignis u.a. im Kreis Euskirchen und in Erftstadt eingebunden. Er stellte die Arbeiten der speziellen „Task Force“ im Einsatzgebiet vor.
Abschließend berichtete Herr Prof. Stefan Greiving (TU Dortmund) über seine Arbeiten im Rahmen des Projekts „DAZWISCHEN - Zukunftsorientierter Strukturwandel im Rheinischen Revier“ (BMBF-Referat 723 Globaler Wandel; Klimawandel). Im Rahmen der Nachhaltigkeitsforschung des BMBF untersucht das Projekt eigentlich die Auswirkungen des ökonomischen Strukturwandels in der Braunkohleregion und zeigt die Erfordernisse zukünftiger Raumplanung, unter Berücksichtigung der Siedlungs-, Verkehrs- und Mobilitätsstrukturen auf. Aus Anlass der starken Betroffenheit der Zielregion durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 wurde die Zielstellung dahingehend erweitert, dass die unmittelbar vor Ort durchgeführte Analyse der aufgetretenen Kaskadeneffekte in die Handlungsempfehlungen der Stadt- und Regionalplanung sowie der kommunalen Wiederaufbauplanung einfließt.
Die anschließende Diskussion zeigte, dass Krisen und real auftretende Katastrophen bei allen schwerwiegenden Folgen immer Potenziale zur Gewinnung neuer Erkenntnisse und zur Überprüfung bisheriger Strategien bieten. Für zahlreiche Forschungsprojekte, die zunächst auf Szenarien basieren, stellen sie häufig Reallabore dar, die die Möglichkeit eröffnen, sich an der Wirklichkeit zu justieren. Die Session zeigte zudem die Anwendungsrelevanz und den direkten Praxisbezug zahlreicher Vorhaben der zivilen Sicherheitsforschung im Bereich des Bevölkerungsschutzes.
Vorträge |
---|
Impuls und Moderation: |
Vortragende: Marina Bier (Universität Wuppertal) Uwe Kippnich (Bayerisches Rotes Kreuz) Robert Grafe (DRZ e.V.) Prof. Dr. Stefan Greiving (Technische Universität Dortmund) |