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1B Ausprägungen der Digitalisierung: Metrisierung

Dienstag, 19. Juni 2018, 13:00 - 14:30 Uhr

Raum: Bischkek

   

Zusammenfassung

Der Anspruch, die soziale Welt durch objektive Zahlen und messbare Werte zu beschreiben, erfährt durch digitale Technologien eine neue Qualität. In der Session „Ausprägungen der Digitalisierung: Metrisierung“ wurde diese Entwicklung mit Blick auf den Sicherheitsbereich diskutiert. Folgende zwei Fragen waren für die Diskussion zentral: Wie und zu welchen Zwecken werden Daten gesammelt, aufbereitet, analysiert und interpretiert? Inwiefern beeinflussen Zahlen und Daten das Gefühl von Sicherheit?

Prof. Dr. Stefan Selke referierte zunächst zum Einfluss der digitalen Metrisierung auf den gesellschaftlichen Wandel. Insbesondere ging er dabei auf individuelle bzw. biographische Reaktionsweisen ein, die im Zuge gesellschaftlicher Verunsicherungen wie etwa soziale Erosion, Prekarität in der Arbeitswelt oder politische Vertrauensverluste auftreten können. Die zunehmende Selbstvermessung durch z.B. Fitness- und andere Apps deutete er als eine Art Rückzug von Individuen in den Bereich des Beherrschbaren. Gleichzeitig entstehen durch digitale Anwendungen neue soziale Hierarchisierungen, Konformitätserwartungen und Unsicherheiten. Darüber hinaus werden in vielen gesellschaftlichen Bereichen heute Daten gesammelt, einfach weil dies technisch möglich ist – eine Reflexion über Sinn und Zweck finde teilweise erst im Nachhinein statt. Selke verdeutlichte die  Risiken, die mit einer solchen Vertauschung von Mittel und Zweck von Datensammlungen einhergehen können. Er plädierte dafür, eine Diskussion über Ziele zu führen und Ziele zu definieren, bevor technische Möglichkeiten spezifiziert werden.

Im Folgenden ging Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Jörg Albrecht auf polizeiliche Datensammlungen ein. Information gilt hier als Schlüssel für einen effektiven Gesellschaftsschutz. Die Erfassung klassischer Daten wie etwa Fingerabdrücke oder DNA dient der Identifizierung von Tatverdächtigen, der Beschaffung von Beweismitteln sowie der Prävention. Seit den 1990er Jahren ist außerdem ein zunehmender Fokus auf neue Möglichkeiten der Prognose von Straftaten beobachtbar. Systematische Prognoseinstrumente  wie „Predictive Policing“ sind dabei sowohl auf eine effektive Vorhersage wie auf effektive Interventionsmöglichkeiten zur Verhinderung von möglichen Straftaten angewiesen. Albrecht erläuterte in diesem Zusammenhang auch den im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs häufig verwendeten Begriff des „Gefährders“ und ging auf die geltende Rechtsprechung in Europa zur Erfassung und Speicherung von Daten ein.

In der anschließenden Diskussion wurde unter anderem erörtert, wie ein „Recht auf Vergessen“ durch Regelungen wie etwa Löschfristen durchgesetzt werden soll und welche potentiellen Risiken mit einer zunehmenden Konzentration auf die Prognose von Straftaten verbunden sein können. Darüber hinaus wurde diskutiert, ob für eine gute Gesellschaft „Sicherheit“ eher als Effizienz- oder als Suffizienz-Begriff operationalisiert werden sollte: Während die eine Sichtweise den Anspruch einer maximalen Sicherheit impliziert, konzentriert sich die andere Sichtweise auf die Frage, an welchem Punkt eine Gesellschaft „genug“ Sicherheit erreicht hat.

Die Session war Teil der Programmsäule „Ausprägungen der Digitalisierung“, die sich in zwei weiteren Sessionen mit Autonomisierung (Session 2B) und Telematisierung (Session 3B) beschäftigte.

   

Vorträge

Bitte beachten Sie:

Alle hier zum Download zu Verfügung gestellten Vorträge sind nicht barrierefrei.

  

Moderation:

Prof. Dr. Natascha Adamowsky (Universität Siegen)

Vortragende:

Prof. Dr. Stefan Selke (Hochschule Furtwangen) – Objektive Daten und gefühlte Sicherheit? Der Einfluss der digitalen Metrisierung auf den gesellschaftlichen Wandel (PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Jörg Albrecht (Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht) – Datei, Dateiauswertung und Sicherheit (PDF, 133KB, Datei ist nicht barrierefrei)

  

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