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Session "Rechts- und demokratietheoretische Fragen zu Sicherheitstechnik und Prävention"

Dienstag, 12.04.2016; 13:00 - 14:30 Uhr

Raum: Bischkek

Zusammenfassung:

Für gegenwärtige Ansätze im Umgang mit ‚neuen Bedrohungen‘ wie Terrorismus spielt der Einsatz von avancierter Sicherheits- und Überwachungstechnik eine immer wichtigere, durchaus umstrittene Rolle. Nicht allein diese Entwicklung wirft Fragen nach Spannungsfeldern zwischen sicherheitstechnischen Innovationen einerseits, Demokratie, politischer und rechtlicher Steuerung andererseits auf.

Prof. Dr. Ursula Birsl von der Philipps-Universität Marburg diskutierte aus politikwissenschaftlicher Perspektive drei zentrale Veränderungstrends, die hinsichtlich ihrer – bisweilen hoch problematischen – Implikationen für das Verhältnis von Sicherheitspolitik und Demokratie bisher noch kaum erforscht und verstanden seien: eine zunehmende Verflüssigung von Politikfeldern; eine Verflüssigung der Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit und eine Dynamik der Technik- und Sicherheitsentwicklung, in deren Kontext sich die Rolle des Staates zunehmend „vom Herrschaftsmonopolisten zum Herrschaftsmanager“ wandele.

Wo Sicherheitsinterventionen einer Logik des präemptiven Vor- und Zugriffs auf mögliche Gefährdungen folgen, so die These von Prof. Dr. Sven Opitz von der Philipps-Universität Marburg, lassen sich Dynamiken der Beschleunigung und affektiven Aufladung beobachten, die mit der Zeit des Rechts konfligieren und diesem den Boden zu entziehen drohen. Opitz diskutierte diese These am Fall von Jean Charles de Menezes, einem brasilianischen Elektriker, der im Jahr 2005 in einer Londoner U-Bahn-Station von Sondereinheiten der Metropolitan Police irrtümlich für einen Terroristen gehalten und getötet wurde.

Prof. Dr. Christoph Gusy von der Universität Bielefeld warf die Frage nach der Eigendynamik und Eigenlogik der Technik auf und diskutierte das Problem einer wachsenden Diskrepanz zwischen dem Steuerungs- und Gestaltungsauftrag des Rechts und dessen tatsächlicher Steuerungsfähigkeit. Aus rechtlicher Perspektive, so Gusy, habe man es mit einem Spannungsfeld von einerseits Fragen des Schutzes durch Technik, andererseits Fragen des Schutzes vor (Sicherheits-)Technik zu tun. Die Steuerungsfähigkeit des Rechts werde u.a. durch Sprach- und Übersetzungsprobleme zwischen Technikern und Juristen aber auch durch mangelnde Zugänglichkeit von Informationen (technische Innovationen als Betriebsgeheimnisse) beeinträchtigt.

In der Diskussion wurde daran anknüpfend auf Forschungsbedarfe u. a. zur Frage, wie sich Bedingungen zur Förderung des „kooperativen Sicherheitsstaates“ verbessern lassen, verwiesen. Auch fehle es an fundiertem Wissen zu den vielfältigen Implikationen der skizzierten Veränderungen der Politik der Inneren Sicherheit für die Rolle des Staates und für die Demokratie.

   

Vorträge:

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Moderation

Prof. Dr. Stefan Kaufmann und Peter Zoche (beide Fachdialog Sicherheitsforschung)

Vortrag

Does technology matter? Sicherheitspolitik und Demokratie im  Widerstreit - Prof. Dr. Ursula Birsl (Universität Marburg)  (pdf-Datei)

Affekte im Anti-Terrorkampf: Präemptive Tötungen und die Zeit des Rechts - Prof. Dr. Sven Opitz (Universität Marburg)

Recht der Sicherheitstechnik - Prof. Dr. Christoph Gusy (Universität Bielefeld) (PDF, 86KB, Datei ist nicht barrierefrei) (pdf-Datei)

Diskussion

   

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