Session "Fachdialog - Wandel von Infrastrukturen: Leitbild Resilienz?"
Donnerstag, 08.05.2014; 14:15 - 15:45 Uhr
Resilienz ist gegenwärtig in aller Munde: Resilienz? Ja bitte! Bei genauerem Hinsehen wird indes schnell deutlich, dass mit Resilienz je nach Disziplin, Anwendungskontext und Bezugssystem, wie etwa Infrastrukturen, Organisationen, Kommunen usw., unterschiedliche Vorstellungen und Ziele verknüpft werden. In dieser Session wurden Potenziale, Grenzen und Ambivalenzen von Resilienz als Leitbild ziviler Sicherheit reflektiert. Welche Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz von Organisationen gibt es?
Prof. Dr. Stefan Kaufmann von der Universität Freiburg erinnerte an drei zentrale Momente der Diskussion über Resilienz als Lösung für Infrastrukturprobleme zu Beginn der 1980er Jahre: „Die Forderung nach einem radikalen Umbau von Strukturen, der Verweis auf paradoxe Effekte von Sicherheitsplanungen und die Frage nach Handlungskompetenzen im Falle des Versagens technischer Systeme.“
Für die Diskussion über die Anforderungen an sichere Infrastrukturen skizzierte Prof. Dr. Maja Apelt von der Universität Potsdam die Prinzipien sogenannter „High Reliability Organizations (HRO)“. Das sind Hochleistungsorganisationen, wie Kernkraftwerke oder Chemieunternehmen. Diese zeichneten sich durch eine „Kultur der Achtsamkeit“ aus. Zur Frage, wie sich Prinzipien der HRO auf die interorganisationale Zusammenarbeit (High Reliability-Netzwerke) übertragen lassen, sieht Prof. Dr. Apelt noch erheblichen Forschungsbedarf. Einen möglichen IT-unterstützten Ansatz stellte Prof. Dr. Volkmar Pipek von der Universität Siegen unter dem Stichwort der „kooperativen Resilienz“ vor. Sozio-technische IT-Infrastrukturen, wie zum Beispiel mobile kollaborative Lagekarten oder Social Media, seien in Krisensituationen nützlich für die Kooperation und Koordination.
Dr. Dr. Patricia Wiater von der LMU München forderte, sich für den Schutz kritischer Infrastrukturen auf politische Regulierungen zu konzentrieren. Der Staat müsse die Rechtspflichten für Unternehmen ausgestalten. Das Leitbild des „kooperativen Ansatzes“ und der Appell an den Eigennutz der Betreiber von kritischen Infrastrukturen seien dagegen zum Scheitern verurteilt: Denn private und öffentliche Interessen stimmten nicht überein.
Die Diskussion in dieser Session fokussierte auf die Frage, inwiefern zentrale Aspekte von Resilienz, wie die Thematisierung der Unberechenbarkeit und Unplanbarkeit von Selbstorganisation, im Leitbild „Resilienz kritischer Infrastrukturen“ tatsächlich behandelt werden. Womöglich, so lautete eine These, habe sich bisher nur der Titel – Resilienz statt Sicherheit – nicht jedoch die Denkweisen und Praktiken geändert.
Impuls und Moderation:
Resilienz - Welche Orientierung kann das Leitbild vorgeben? - Prof. Dr. Stefan Kaufmann (Universität Freiburg und Fachdialog Sicherheitsforschung)
Vortrag:
Was können wir von den High Reliability Organizations lernen? - Prof. Dr. Maja Apelt (Universität Potsdam)
Kooperative Resilienz - IT-Unterstützung zur Verbesserung interorganisationaler Zusammenarbeit - Prof. Dr. Volkmar Pipek (Universität Siegen)
Infrastruktursicherheit durch Kooperation - ein tragbares Modell? - Dr. Dr. Patricia Wiater (Universität München)