Session "Neue Formen der Infrastrukturen in der Notfallrettung"
Donnerstag, 08.05.2014; 11:15 - 12:45 Uhr
Gesellschaftliche Veränderungsprozesse, wie die zunehmende Alterung der Gesellschaft, Veränderung der Strukturen in Stadt und Land sowie der Wandel des Ehrenamts haben auch Folgen für die Notfallrettung, das Krisenmanagement und den Katastrophenschutz. Vorgestellt und diskutiert wurden daher Überlegungen zur Unterstützung für Ehrenamtliche, zur verbesserten Zusammenarbeit von öffentlichen Organisationen, gemeinnützigen Vereinen und privaten Unternehmen sowie Vorschläge zur Anpassung von Infrastrukturen der Notfallrettung.
Zur Situation des Ehrenamts in der Feuerwehr präsentierte Dr. Friedhelm Wolter vom Zentrum Brandschutz der Bundeswehr Ergebnisse einer empirischen Studie. Laut dieser Studie widmeten die Helferinnen und Helfer dem Ehrenamt immer weniger Zeit. Angst vor Nachteilen am Arbeitsplatz sei eine Ursache, die sinkende gesellschaftliche Wertschätzung für ehrenamtliches Engagement eine weitere. Die dadurch entstehenden Lücken könnten gerade im ländlichen Raum nicht mehr durch Berufsfeuerwehren ausgeglichen werden. Daher sei es notwendig, die staatlichen Strukturen und gesetzlichen Vorgaben für das Ehrenamt zu verbessern.
Matthias Max vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) stellte hierzu neue Überlegungen mit der Frage an, wie organisatorisch ungebundene Helferinnen und Helfer in den Katastrophenschutz einbezogen werden können. Beim Hochwasser 2013 sei deutlich geworden, wie sich zahlreiche Helferinnen und Helfer mit Sozialen Medien rasch und gezielt mobilisieren und koordinieren ließen. Dieses Potenzial könne aus Sicht des DRK künftig noch besser genutzt werden.
Eine Strategie zur Anpassung von Infrastrukturen stellte Benedikt Weber von antwortING Ingenieurbüro PartG vor: Das Konzept des BMBF-Forschungsprojekts zur primären Luftrettung in strukturschwachen Gebieten (PrimAIR) sieht vor, in dünn besiedelten Gebieten Notarztfahrzeuge durch Hubschrauber zu ersetzen. In diesem Zusammenhang warb Prof. Dr. Klaus Runggaldier von der MSH Medical School Hamburg sowie Geschäftsführer der Falck Rettungsdienst GmbH für mehr gesellschaftliche Anerkennung privater Rettungsdienste. Private Rettungsdienste, so sein Hinweis, engagierten sich auf dem Markt der Notfallrettung auch als gemeinnützige Hilfsorganisationen.
In der anschließenden Diskussion wurde vor einer „Zerstörung vorhandener Strukturen durch Privatisierungen“ und vor einer „Deklassierung des Ehrenamtes durch private Akteure“ gewarnt. Es sei unverzichtbar, die Rahmenbedingungen und Strukturen für ehrenamtliches Engagement anzupassen bzw. zu erneuern. Auch wurde darauf hingewiesen, dass die Organisationen bei der Einbindung ungebundener Helfer bereits aus internationalen Erfahrungen lernen könnten.
Vortrag:
Eine neue Dimension von bürgerschaftlichem Engagement - ungebundene HelferInnen während der Flut 2013 - Matthias Max (Deutsches Rotes Kreuz e. V.)
Volkswirtschaftlich-soziologische Betrachtung zum ehrenamtlichen Feuerwehrwesen - Dr. Friedhelm Wolter (Bundeswehr)
Notfallrettung in 2030 - es bleibt alles anders - Benedikt Weber (antwortING Ingenieurbüro PartG)
Rettungsdienstunternehmen als intergraler Bestandteil der Notfallrettung - Prof. Dr. Klaus Runggaldier (MSH Medical School Hamburg)
Moderation:
Prof. Dr. Stefan Kaufmann (Universität Freiburg und Fachdialog Sicherheitsforschung)