Session "Modernisierung durch aktive Einbeziehung der Bevölkerung"
Mittwoch, 07.05.2014; 17:30 - 19:00 Uhr
Die Bevölkerung nimmt in der zivilen Sicherheit verschiedene Rollen ein: Sie kann betroffen sein, Gefahren abwehren oder zur Krisenbewältigung beitragen. Um in Zukunft Konzepte zu optimieren, mit denen mehr Bürgerinnen und Bürger auch ad hoc in den Katastrophenschutz einbezogen werden können, konzentrierte sich die Session auf die wesentliche Frage: Wie kann die Bevölkerung in die Krisenbewältigung einbezogen werden und zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung von Sicherheit beitragen?
Zunächst präsentierte Daniel Lorenz von der Katastrophenforschungsstelle an der FU Berlin Ergebnisse einer empirischen Studie über Einschätzungen von Sicherheit. Ziel war eine Gegenüberstellung von objektiv belegbarer und subjektiv wahrgenommener Sicherheit. Dazu untersuchte Lorenz räumlich geprägte Sicherheitswahrnehmungen und Gefährlichkeitsattribuierungen von Laien im Unterschied zu Expertinnen und Experten (Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz) u.a. mittels innovativer Methoden wie Stadtteilbegehung und partizipativer Photographie. Durch seine Untersuchungen konnte er belegen, welche Unterschiede zwischen den Sicherheitseinschätzungen von Laien sowie jenen von Expertinnen und Experten (wie ebenfalls bei letzteren) bestehen und welche praxisrelevanten Schlussfolgerungen daraus resultieren.
In einer Krise ist die Bevölkerung einer der wichtigsten Akteure. Sie erlebt Stress, kann in Panik geraten, unter Informationsmangel leiden oder auch aktiv zur Bewältigung beitragen, indem Menschen helfen oder Ressourcen zur Verfügung stellen. So sei zuletzt bei der Hochwasserkatastrophe 2013 deutlich geworden: Es ist notwendig und sinnvoll, die Bevölkerung von Beginn an aktiv in die Bewältigung einer Katastrophe einzubeziehen. Zum einen signalisierten kleine und leicht zu bewältigende Aufgaben in einer Krisensituation den Bürgerinnen und Bürger, dass sie wieder Kontrolle über die sicherheitsbeeinträchtigten Umstände bekämen. Zum anderen könne Hilfe aus der Bevölkerung die Sicherheitsbehörden entlasten.
Anhand des Szenarios eines langanhaltenden Stromausfalls und seinen Folgen unter Berücksichtigung von Problemen und Grenzen der BOS sowie auf der Basis einer Bürgerbefragung zu Hilfebedarf und -bereitschaft skizzierte Prof. Dr. Brigitta Sticher von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, warum der Einbezug der Bevölkerung notwendig und möglich ist und wie eine praktische Umsetzung in Form des Konzepts der ‚Kat(astrophen)Leuchttürme‘, d.h. ausgewählter Gebäude als Anlaufstellen im Krisenfall, aussehen könnte. Für bürgernahes Krisen- und Katastrophenmanagement seien Information, Kommunikation und wechselseitiges Vertrauen zwischen Bevölkerung und professionellen Helfern wichtige Faktoren. Dazu könne auch die Nutzung von Sozialen Netzwerken signifikant beitragen.
In der anschließenden Diskussion zeigte sich: Wenn verschiedene Bevölkerungsgruppen in die Krisenbewältigung einbezogen werden sollen, muss dies gut vorbereitet sein. Dazu besteht noch weiterer Forschungsbedarf.
Vortrag:
Gefährlichkeitsattribuierungen im Raum: Laien und Experten - Daniel Lorenz (Katastrophenforschungsstelle an der Freien Universität Berlin)
Modernisierungen des Katastrophenschutzes durch aktive Einbeziehung der Bevölkerung - Prof. Dr. Birgitta Sticher (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin)
Sicherheit und Freiheit - Erhaltung kritischer Infrastrukturen als Anwendungsfall für einen neuen Gesellschaftsvertrag - Dr. Serge Embacher (Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement)
Moderation:
Harald Arnold (Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht und Fachdialog Sicherheitsforschung)