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Session "Wandel von Sicherheitskulturen in modernen Gesellschaften"

Mittwoch, 07.05.2014; 15:15 - 16:45 Uhr

Sicherheitskulturen prägen sowohl unsere Erwartungen an Sicherheit als auch unser Verhalten. Wie kommen unsere Vorstellungen von Sicherheit zustande? Durch was verändern sie sich? Wie können subjektive Wahrnehmungen mit der tatsächlichen Lage abgeglichen werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Session.

Der vielfältige Wandel von Sicherheitskulturen sei vor allem als Veränderung zu begreifen, die durch Technisierungsprozesse ausgelöst werde. Diese These vertrat Dr. Leon Hempel vom Zentrum für Technik und Gesellschaft der TU Berlin. Die Digitalisierung und Vernetzung von Anlagen und Prozessen erzeuge ein hohes Maß an Komplexität und Unübersichtlichkeit. Diese Entwicklung habe beispielsweise auch Auswirkungen auf die Arbeitswelt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden permanent damit konfrontiert, ihr Handeln in Bezug auf Sicherheit zu reflektieren.

Auch die Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols habe sich gewandelt. Wie Prof. Dr. Bernhard Frevel von der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung NRW in Münster erläuterte, sei hierarchisches Durchregieren durch die kooperative Steuerung von Prozessen abgelöst worden. Dabei würden zunehmend nichtstaatliche Akteure, wie private Sicherheitsdienste, kommunale Ordnungsdienste sowie Bürgerinnen und Bürger einbezogen. Die zivile Sicherheitsforschung müsse sich daher mit der Frage befassen, unter welchen Bedingungen es legal und legitim sei, nichtstaatliche Akteure einzubeziehen.

Wie sich die Wahrnehmung von ziviler Sicherheit in der Bevölkerung erfassen und beschreiben lässt, das zeigten Prof. Dr. Daniela Klimke und Marlene Tietz von der Polizeiakademie Niedersachsen in Nienburg/Weser. Sie untersuchten Ansichten zur zivilen Sicherheit im städtischen und ländlichen Raum. Bisherige Analysen zur Sicherheitswahrnehmung hätten lediglich die „Kriminalitätsfurcht“ in der Bevölkerung zum Maßstab genommen. Prof. Dr. Klimke und Tietz hingegen legten das umfassendere Konzept der „Sicherheitsmentalitäten“ zugrunde. Sicherheitsmentalitäten offenbarten, wie Bürgerinnen und Bürger sich selbst schützen, welche Meinungen sie zur inneren Sicherheit haben, welche Bedrohungen sie wahrnehmen und welche Erwartungen sie an Sicherheitsinstitutionen haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Session kamen zum Schluss, dass es von großer Bedeutung sei, differenzierte Kenntnisse darüber zu erlangen, welche Veränderungsprozesse und Einflussfaktoren im Alltag, der Arbeitswelt und beim Wandel staatlicher Sicherheitsgewährleistung die (Un-)Sicherheitswahrnehmungen und das Handeln der Menschen beeinflussen. Diese Kenntnisse könnten dazu beitragen, der Tendenz einer zunehmenden Versicherheitlichung aller Lebensbereiche, das heißt, einem ausschließlichen Primat der Sicherheit, entgegenzuwirken.

Vortrag:

Sicherheitskultur und Arbeitswandel - Dr. Leon Hempel (Zentrum für Technik und Gesellschaft, Technische Universität Berlin)

Sicherheitsmentalitäten im städtischen und ländlichen Raum - Prof. Dr. Daniela Klimke (Polizeiakademie Niedersachsen sowie Institut für Präventionsforschung ISIP, Hamburg) in Kooperation mit Marlene Tietz (Polizeiakademie Niedersachsen, Nieburg/Weser)

Pluralisierte Sicherheitsproduktion - Staatliche Sicherheitsgewährleistung und Gewaltmonopol in veränderten Kontexten - Prof. Dr. Bernhard Frevel (Fachhochschule für Öffnetliche Verwaltung NRW, Münster)

Moderation:

Peter Zoche (Fraunhofer ISI und Fachdialog Sicherheitsforschung)