Session "Elektronische Unterstützung der Verletztenversorgung bei Großschadenslagen"
Mittwoch, 18.04.2012; 16:15 - 17:45 Uhr
Naturkatastrophen oder Großunfälle können zu einem Massenanfall von Verletzten (MANV) führen. Bei einem MANV werden die Betroffenen im Prozess einer sogenannten Triagierung erstgesichtet, das heißt nach Schwere der Verletzungen gekennzeichnet. Bislang werden hierzu Verletztenanhängekarten per Hand beschrieben. Eine wesentliche Verbesserung stellt ein Chip-Armband dar, das mithilfe eines mobilen Computers mit Daten versehen wird. So können die Informationen um ein Vielfaches schneller eingegeben und an die Leitstellen weitergeleitet werden.
Dr. Jörg Schmidt, Vorsitzender des AK Rettungsdienst der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren im Deutschen Städtetag, stellte die Anforderungen der Rettungsdienste für den Einsatz von IT-Systemen vor. Die Kriterien für die Bedienbarkeit, Fehlertoleranz und Einsatztauglichkeit seien anspruchsvoll. Denn häufig müssten die Einsatzkräfte vor Ort Entscheidungen unter hohem Zeitdruck sowie trotz Informations- und Ressourcenmangels treffen. Der Mehrwert der IT-Unterstützung im Falle eines MANV liege vor allem in der schnelleren Datenaufnahme und -weiterleitung sowie der Verknüpfung mit anderen Systemen, wie etwa mit Ressourcendatenbanken.
Im Projekt SOGRO, das von Prof. Dr. Leo Latasch vom Deutschen Roten Kreuz vorgestellt wurde, ist ein RFID-basiertes Triagesystem erarbeitet worden. Das System wurde auf dem Frankfurter Flughafen im Rahmen einer Großübung mit mehr als 500 Probanden getestet. Es konnte nicht nur eine deutlich schnellere Sichtung, sondern auch eine raschere Verteilung von Verletzten auf die Krankenhäuser realisiert werden.
Ein weiteres elektronisches Triagesystem ist im Projekt ALARM in Berlin erarbeitet worden. Hierbei wurde die Möglichkeit einer telemedizinischen Unterstützung der Einsatzkräfte am Behandlungsplatz geschaffen, wie Dr. Martin Schultz von der Charité Berlin berichtete.
Im Projekt E-Triage standen neben der elektronischen Triagierung vor allem Systeme zur Aufrechterhaltung der Kommunikation bei Ausfall der herkömmlichen Infrastrukturen im Fokus. Anton Donner vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) stellte den Einsatz satellitengestützter Systeme vor, die auch unter widrigen Bedingungen eine Notfallkommunikation und die Weitergabe der Daten ermöglichen.
An den vorgestellten Projekten konnte gezeigt werden, dass elektronische Systeme die Patientenversorgung beschleunigen und die Abläufe durch schnellere Verfügbarkeit der Informationen verbessern.
Impulsbeitrag:
Anforderungen des Rettungsdienstes in MANV-Lagen aus Sicht der Feuerwehr - Dr. Jörg Schmidt (Berufsfeuerwehr Köln)
Vorträge:
Sofortrettung bei Großunfall mit Massenanfall an Verletzten (SOGRO) - Prof. Dr. Leo Latasch (Deutsches Rotes Kreuz)
Adaptive Lösungsplattform zur aktiven technischen Unterstützung beim Retten von Menschenleben (ALARM) - Dr. Martin Schulz (Charité Berlin)
Elektronische Betroffenenerfassung in Katastrophenfällen (E-Triage) - Anton Donner (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt)
Anschließend Diskussion zu Anforderungen, Homogenisierung und Standardisierung von Triagierungssystemen.
Moderation: Dr. Thorsten Schröder (Charité Berlin)