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SORTIE: Sensor-Systeme zur Lokalisierung von verschütteten Personen in eingestürzten Gebäuden

Gasexplosionen, Feuer, Naturkatastrophen wie Starkregen oder Erdbeben: Es gibt unterschiedlichste Ursachen für das Einstürzen von Gebäuden. Werden dabei Menschen verschüttet, beginnt für die Einsatzkräfte ein Wettlauf gegen die Zeit. Um die Einsatzkräfte vor Ort bei der Suche nach Überlebenden effektiv zu unterstützen, wird im Projekt SORTIE gemeinsam mit indischen Forschern und Anwendern eine autonom fliegende Drohne entwickelt, welche Trümmerfelder aus der Luft kartographiert und analysiert. Aus der Summe der Informationen, welche die SORTIE-Drohne in kürzester Zeit zusammenträgt, wird eine dreidimensionale Karte erstellt, welche den Einsatzkräften einen sicheren Weg direkt zu verschütteten Personen weist.

Trümmerhaufen mit suchenden Rettungskräften
© burnstuff2003 - stock.adobe.com

Nach Erdbeben muss es schnell gehen: Suche nach Verschütteten mit innovativer Ortungstechnologie auf Drohnen

Schutt, Staub, verzweifelte Menschen auf der Suche nach Angehörigen – die Lage nach einem schweren Erdbeben inmitten eingestürzter Gebäude ist in jeder Hinsicht erschütternd. Auch deutsche Einsatzteams sind an der Rettung von Verschütteten bei solchen Katastrophen wie dem Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar 2023 beteiligt.

Bei solchen Einsätzen sind Rettungshunde auf Grund ihrer Zuverlässigkeit nach wie vor die erste Wahl zur Ortung von verschütteten Personen unter Trümmern. Daneben werden technische Ortungsgeräte wie Geophone und Endoskopkameras eingesetzt, um Verschüttete akustisch oder visuell zu orten. Um diese Ortungsmittel einzusetzen, müssen die Trümmer jedoch betreten werden, wodurch die menschlichen und tierischen Rettungskräfte gefährdet werden.

Drohnen verringern Risiko für Rettungskräfte

Das Risiko für Mensch und Tier kann durch den Einsatz von Drohnen erheblich verringert werden. Zu Beginn des Einsatzes fliegen die Drohnen mit Ortungstechnologie an Bord zur Trümmerstruktur und übertragen die im Flug erhaltenen Messergebnisse per Funk an die Rettungskräfte am Boden. So erhal-ten diese bereits vor dem Betreten der Trümmer wichtige Informationen über die Lage und insbeson-dere über mögliche Positionen von Verschütteten.
In dem vom BMBF geförderten Projekt „ Sensor-Systeme zur Lokalisierung von verschütteten Personen in eingestürzten Gebäuden“ (SORTIE) wurden Ortungstechnologien für die Installation auf einer Drohne erforscht. Durch die Beteiligung von Anwendern wie der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk wurde sichergestellt, dass das fliegende Sensorsystem auch in die Einsatzabläufe eingebettet werden kann – insbesondere bei internationalen Urban-Search-and-Rescue-Einsätzen.

Das System besteht aus mehreren Sensormodulen. Da heutzutage die meisten Menschen ein Mobiltelefon bei sich tragen, ist ein Handyortungssystem integriert. Zudem ist ein sogenanntes Bioradar an der Drohne installiert, welches Lebenszeichen durch Trümmer hindurch erfassen kann. Auch explosive Gase können per Fernmessung von der Drohne aus erkannt werden. Neben diesen Messungen wird das zu durchsuchende Gelände mit einem Laser- bzw. Lidar-Sensor dreidimensional kartiert. Die Drohne ist dabei in der Lage, autonom zu fliegen, sowie Landeplätze zu erkennen und anzufliegen. Die Trümmerstruktur kann auf Grundlage von speziell berechneten 3D-Modellen baustatisch eingeschätzt werden.

Funktioniert alles? Drohnensystem im Praxistest

Im Mai 2023 wurden die Projektergebnisse während einer öffentlichen Abschlussdemonstration auf dem Testgelände des Technischen Hilfswerks in Wesel vorgestellt: In einem vorher detailliert ausgearbeiteten Erdbeben-Szenario wurde der Einsatz der erforschten Technologien von erfahrenen Einsatzkräften vorgeführt.

Hier wurde deutlich, wie die Projektinnovationen und die bewährten Abläufe ineinandergreifen. Der Einsatz begann mit einem Erkundungsflug der Rettungsdrohne, mit der zunächst die 3D-Kartierung und eine gleichzeitige Messung explosiver Gase vorgenommen wurde. So erhielten die Einsatzkräfte einen detaillierten Überblick über die Trümmer und konnten ein Gebiet identifizieren, welches wegen einer Gasleckage nicht betreten werden durfte.

Im Anschluss wurde eine Drohne mit dem Handyortungssystem gestartet. Um zu überprüfen, ob bei den georteten Handys eine überlebende Person zu erwarten ist, wurde danach eine Bioradarmessung gezielt an der Position eines georteten Handys durchgeführt. Das positive Detektionsergebnis der Bioradarmessung wurde als ausschlaggebend gewertet, um an der identifizierten Stelle mit Einsatzkräften nach Verschütteten zu suchen. Für diese Entscheidung wurde auch das in der Zwischenzeit berechnete baustatische Modell herangezogen, um die Gefährdung bei Betreten der Trümmer einzuschätzen. Für den Rest des Einsatzes wurden herkömmliche Ortungsmittel wie eine endoskopische Kamera und ein Rettungshund eingesetzt. Die verschütteten Schauspieler wurden schließlich gerettet und medizinisch versorgt.

Ein fliegendes modulares Sensorsystem

Die für die Ortung von Verschütteten unentbehrlichen Suchhunde wurden im Projekt SORTIE durch Ortungstechnologie auf Droh-nen unterstützt, die ein Handyortungsmodul an Bord hatten.
Die für die Ortung von Verschütteten unentbehrlichen Suchhunde wurden im Projekt SORTIE durch Ortungstechnologie auf Droh-nen unterstützt, die ein Handyortungsmodul an Bord hatten. © THW/ Yann Walsdorf

Während die einzelnen Sensorsysteme im Projekt in vielen Details über den Stand der Technik hinaus gehen (wie beispielsweise bei der Ferndetektion des Haushaltsgases Butan), war die Anpassung aller Sen-sorsysteme zur Verwendung auf der Drohne eine große Herausforderung, unter anderem wegen der nötigen Gewichts- und Größenreduktion der Systeme. Der größte Zugewinn für die zivile Sicherheit liegt aber wohl in der Summe aller Teilkomponenten als fliegendes modulares Sensorsystem: So wurden wichtige Grundlagen für eine schnellere und für die Einsatzkräfte sicherere Suche geschaffen. Um die technischen Projektergebnisse zu verwerten, arbeiten die universitären Projektpartner bereits mit Industriepartnern zusammen.

Das SORTIE-Projekt wurde vom BMBF von Anfang 2020 bis Ende Juni 2023 im Rahmen der Förderrichtlinie „Internationales Katastrophen- und Risikomanagement – IKARIM“ finanziert und in Zusammenarbeit mit einem deutsch-indischen Projektverbund durchgeführt, auch wenn diese durch die Corona-Pandemie stark eingeschränkt war. Projektpartner waren die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik in Freiburg, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die Technische Hochschule Köln, die Universität der Bundeswehr München sowie die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk Bonn. Zudem waren weitere assoziierte Projektpartner aus Deutschland und Indien mit eingebunden.

Autor: Dr. Gunnar Gidion, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Mikrosystemtechnik IMTEK

Weitere Informationen zum Verbundprojekt

Förderkennzeichen  13N15189 bis 13N15194
Projektlaufzeit Januar 2020 – Juni 2023
Projektumriss SORTIE

SORTIE-Filme

Projektvideo zum Forschungsprojekt SORTIE

Bei der Suche nach Verschütteten zählt jede Minute. Im Projekt SORTIE wurden Drohnentechnologien entwickelt, die eine schnelle Lokalisierung unter Trümmern ermöglicht.

Abschlussevent zum Forschungsprojekt SORTIE

Auf dem THW-Trümmergelände in Wesel lokalisierte das drohnenbasierte SORTIE-System verschüttete Testpersonen. Deren schnelle Rettung konnte erfolgreich demonstriert werden.