NOWATER: Notfallvorsorgeplanung der Wasserver- und -entsorgung von Einrichtungen des Gesundheitswesens
Einrichtungen des Gesundheitswesens, insbesondere Krankenhäuser, sind eine für die Gesellschaft unverzichtbare kritische Infrastruktur. Während das Szenario eines Stromausfalls in der Notfallplanung von Krankenhäusern fest verankert ist, ist die Aufrechterhaltung der Wasserversorgung und -entsorgung eine bisher kaum betrachtete Herausforderung. Das Projekt NOWATER widmet sich dieser Herausforderung und entwickelt ein System zur Ersatzwasserversorgung und -entsorgung. Außerdem entsteht ein praxisnaher Leitfaden für alle involvierten Akteure, wie Krankenhausbetreiber, kommunale Behörden, Wasserversorger und Einsatzkräfte.
Die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in Krankenhäusern sind von elementarer Bedeutung, da sie eine unverzichtbare Grundlage für die medizinische Versorgung und Hygiene darstellen. Doch während es rechtlich verbindliche Vorgaben gibt, dass sich Krankenhäuser auf einen Ausfall der Stromversorgung vorbereiten müssen, fehlen derartige Vorgaben für den Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Zwar berücksichtigen die Wasserversorgungsunternehmen im Rahmen ihrer Planungen die Krankenhäuser als sogenannte „sensible Einrichtungen“, inwieweit die Krankenhäuser aber selbst eine Notfallvorsorgeplanung erstellen, ist oft ungewiss.
Das NOWATER-Projekt
Daher wurden in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „Notfallvorsorgeplanung der Wasserver- und -entsorgung von Einrichtungen des Gesundheitswesens“ (NOWATER) konkrete Lösungen erarbeitet, die Krankenhausbetreiber bei ihren Planungen unterstützen.
Im Rahmen des Projektes wurde eine spezifische Methode der Risikoanalyse für Krankenhäuser erarbeitet, die den Kern der Notfallvorsorgeplanung bildet, sowie eine Reihe von technischen Lösungen zur Trinkwasserverteilung und -aufbereitung. Weite Teile der Methodik wurden durch zahlreiche Praxistests bis hin zu einer Übung mit den Anwendern validiert.
Krankenhausbetreiber können auf die in NOWATER entwickelte Methodik zur Analyse der technischen Anlagen und zur detaillierten Ermittlung des quantitativen und qualitativen Wasserbedarfs zurückgreifen. Diese Analyse bildet die Basis für weitere Betrachtungen wie Kritikalitätsanalyse, Prävention, Planung eines Bedarfsmanagement im Krisenfall bis hin zur Planung der Krisenbewältigung.
Leitfaden zur Notfallvorsorgeplanun
Für die Betreiber von Krankenhäusern wurde ein 147 Seiten starker Leitfaden erstellt, der diese durch den gesamten Prozess der Notfallvorsorgeplanung führt. In den einzelnen Kapiteln werden dabei zahlreiche konkrete Hinweise für die Prävention, Vorbereitung und Krisenbewältigung gegeben. Begleitet werden die einzelnen Kapitel dabei von Beispielen und Tipps aus der Praxis.
Beispielsweise wurden im Projekt fünf Szenarien inklusive Plausibilitätsprüfung erarbeitet, die dann in die jeweilige Vulnerabilitätsanalyse von Kranken häusern einbezogen werden sollen. Szenarien waren eine Verunreinigung mit E. coli-Bakterien, eine Kontamination mit einer unbekannten Chemikalie, ein Wasserrohrbruch, ein lokaler Starkregen mit Abwasserentsorgungsausfall sowie ein großflächiger Stromausfall über mindestens 24 Stunden hinweg. Das Ergebnis: Alle fünf Szenarien wurden als plausibel bis moderat plausibel eingestuft. Dank des Leitfadens können die Krankenhäuser nun eine Risikoanalyse/Vulnerabilitätsanalyse mit Folgenabschätzung für solche Szenarien erstellen.
Ergänzt wird der Leitfaden durch ein Übungskonzept und ein Notfallkonzept, die sich mit der Erkennung von Ereignissen und der Einleitung erster Maßnahmen befassen. Das Übungskonzept deckt dabei ebenfalls den gesamten Bereich der Planung ab, von der Szenariendefinition über Stabsrahmenübungen bis hin zur Durchführung einer Vollübung.
Technische Lösungen
Zu den technischen Lösungen, die im Projekt entwickelt wurden, gehören neben einer mobilen zweistufigen Ultrafiltrationsanlage auch zwei Transportsysteme für die leitungsungebundene Verteilung von Trinkwasser. Diese Systeme verfügen über integrierte Druckerhöhungsanlagen und zum Teil auch Anlagen, die eine Desinfektion des Behälters vor dem Einsatz und die Desinfektion des bereitgestellten Trinkwassers ermöglichen.
Ergänzt werden diese Komponenten durch eine mobile Station (Kraft-Technik-Station), die über einen Generator, sowie modular einsetzbare Anlagen zur Filtration, zur durchflussproportionalen Dosierung von Chlordioxid, zur UV-Desinfektion und zur Druckerhöhung verfügt. Diese als Baukastensystem angelegte Kraft-Technik-Station integriert die verschiedenen Komponenten und ermöglicht einen situationsbezogenen netzunabhängigen Einsatz.
Der zehn Kubikmeter fassende Abrollbehälter kann mit Fahrzeugen transportiert werden, die in zahlreichen Industrie- und Kommunalunternehmen vorhanden sind. Damit wird die Abhängigkeit von Fahrzeugen der Hilfsorganisationen reduziert. Diese technische Ausrüstung erlaubt den Einsatz als Pendelbehälter, Zwischenspeicher vor einer Netzeinspeisung, aber auch als Speicher für die Versorgung der Bevölkerung (Holversorgung).
Innovativ ist die zweistufige Ultrafiltration durch eine spezielle, sehr effiziente Luft-Wasser-Spülung. Diese erlaubt einerseits den Verzicht auf die Vorhaltung und Anwendung von Chemikalien und zugleich eine sehr effiziente Aufbereitungsleistung von bis zu 20.000 Litern Wasser die Stunde, was einer Verdreifachung der üblichen Produktionsleistung entspricht.
Die als Demonstratoren entwickelten Komponenten sind inzwischen in das Portfolio der Firmen Strecker Wassertechnik GmbH (Mobile Ultrafiltrationsanlage) und teckons GmbH & Co.KG (Kraft-Technik Station und 10 m³ Abrollbehälter) integriert worden und finden großes Interesse seitens kommunaler Unternehmen, Feuerwehr und auch Feuerwehrausrüstern.
Hintergrund zum Projekt
Der NOWATER-Verbund wurde vom BMBF von Mai 2020 bis Oktober 2023 im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ mit 2,37 Millionen Euro gefördert. Projektpartner waren die Universität der Bundeswehr München (Koordination), die Technischen Hochschule Köln, das Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, die Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken gGmbH, die Firmen Strecker Wassertechnik GmbH und teckons GmbH & Co.KG sowie zahlreiche assoziierte Partner.
Weitere Informationen zum Projekt inklusive Links zum Download des Leitfadens und der Konzepte finden Sie HIER.
Autoren: Prof. Steffen Krause und Prof. Christian Schaum, Universität der Bundeswehr München
Weitere Informationen zum Verbundprojekt
Förderkennzeichen 13N15276 bis 13N15282
Projektlaufzeit Mai 2020 – Oktober 2023