NE-Offensive: Erforschung eines antimikrobiell ausgerüsteten Notaufnahmeraums
Das Auftreten von Krankenhausinfektionen und die damit verbundene Entwicklung multiresistenter Erreger haben in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Etwa 10.000 bis 15.000 Patienten sterben in Deutschland jährlich an diesen Infektionen. Das inzwischen abgeschlossene Verbundprojekt NE-Offensive strebte deshalb die Entwicklung dauerhaft antimikrobiell wirkender Beschichtungen für Oberflächen an. Ziel war, die Ausbreitung von gefährlichen Krankheitserregern im Krankenhaus mit Hilfe einer speziellen Beschichtung - u.a. aus Nanosilber - zu vermindern. Prinzipiell wirkt Nanosilber ebenso antiviral, dieses konnten bereits frühere Studien zeigen.
Das Auftreten von Krankenhausinfektionen und die damit verbundene Entwicklung multiresistenter Erreger, die nicht mehr mit Medikamenten behandelt werden können, haben in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Etwa 10.000 bis 15.000 Patienten sterben in Deutschland jährlich infolge solcher Infektionen. Mit dem Abschluss des BMBF-geförderten Projekts „NE-Offensive“ im Juni 2019 ist den Projektpartnern nun ein großer Schritt in der Abwehr von nosokomialen – also im Krankenhaus erworbenen – Infektionen, gelungen. „Unser Ziel war es, eine Oberfläche zu entwickeln, worauf sich Keime und infektiöses Material nicht festhalten können und das ist uns gelungen“, freut sich Professor Dr. Wulf Schneider, Leiter der Abteilung für Krankenhaushygiene und Infektiologie am Universitätsklinikum Regensburg (UKR). Das Ergebnis der Projektarbeit ist eine auf Nanosilberpartikeln basierende, antimikrobiell wirksame Beschichtung. Die spezielle Biozid-Beschichtung ist am UKR bereits im Einsatz.
Bewährungstest im Krankenhausbetrieb
Von August 2018 bis Januar 2019 wurde die Beschichtung im laufenden Betrieb der interdisziplinären Notaufnahme des UKR getestet. Insbesondere stark frequentierte und besonders keimbelastete Bereiche der Notaufnahme sowie schwer zu reinigende Oberflächen wie Türgriffe, Schubladen, Mülleimerdeckel oder Tastaturen wurden mit dem antimikrobiellen Material versehen.
Zu Studienzwecken standen zwei identische Untersuchungskabinen zur Verfügung. Eine Kabine wurde mit dem antimikrobiell wirksamen Material beschichtet und eine Kabine mit einer Oberfläche ohne Biozid-Anteil. Mehrmals täglich wurden aus beiden Kabinen Proben entnommen und zur Bestimmung der Keimbelastung im Labor mikrobiologisch ausgewertet. Nach der Auswertung von über 2.800 Einzelproben wurde festgestellt, dass die Belastung mit Keimen in der mit Biozid beschichteten Kabine erfolgreich um etwa 50 Prozent gegenüber der Vergleichskabine reduziert werden konnte. „Das ist ein sehr gutes Ergebnis. Je weniger Erreger im Umlauf sind, desto besser ist es für unsere Patienten und Mitarbeiter. Und eine Halbierung der Erregerlast ist ein beeindruckendes Ergebnis“, zeigt sich Professor Dr. Dr. Volker Alt, Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie des UKR, zufrieden. Auch für den Verbundkoordinator des Projekts, Professor Dr. Michael Nerlich, ist das Ergebnis ein Schritt in die richtige Richtung: „Das UKR setzt sich bereits sehr erfolgreich für die höchstmögliche Sicherheit von Patienten und Mitarbeitern ein. Die erfolgreich getestete Beschichtung wird das noch einmal steigern.“
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Die Funktionsweise der Beschichtung beruht unter anderem auf der Freisetzung von Silberionen, die in die Bakterien eindringen und diese dann abtöten. Dabei weist Silber gegenüber Antibiotika einen wesentlichen Vorteil auf. Dieser besteht in der geringen Resistenzentwicklungsgefahr der Keime gegenüber Silber. Laboruntersuchungen belegen, dass bei unbeschädigter Oberfläche von einer Wirksamkeit dieser Silberbeschichtung von mehr als 20 Jahren ausgegangen werden kann. Die Innovation besteht darin, dass die im Projekt entwickelte Biozid-Beschichtung großflächig auf unterschiedlichen Oberflächen eines Raums aufgetragen werden kann.
Künftig könnten also nicht nur Kliniken von der keimreduzierenden Oberflächenbeschichtung profitieren. Eine Anwendung etwa in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten oder Seniorenheimen ist ebenso denkbar wie der Einsatz in öffentlichen Verkehrsmitteln. „Mit einer antimikrobiellen Beschichtung relevanter Oberflächen der öffentlichen Infrastruktur könnte die Übertragung von Krankheitserregern reduziert werden“, so Professor Schneider.
Die Ergebnisse des Regensburger Forschungsverbundes wurden am Universitätsklinikum der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie in Kooperation mit der Interdisziplinären Notaufnahme, dem Institut für Mikrobiologie und Hygiene, der Klinik und Poliklinik für Dermatologie sowie dem Zentrum für Klinische Studien gemeinsam mit den Experten der Regensburger RAS AG erzielt. NE-Offensive wurde vom BMBF im Rahmen der Ausschreibung „Anwender - Innovativ: Forschung für die zivile Sicherheit“ gefördert.
Die Wirksamkeit von Nanosilber auch gegen Viren ist bereits in wissenschaftlichen Studien belegt. Jetzt soll in einem weiteren Forschungsprojekt im Rahmen von Anwender-Innovativ überprüft werden, inwieweit die Ergebnisse des Projekts NE-Offensive konkret auch auf SARS-Cov2 übertragbar sind. Ziel ist es u.a. zu klären, welche Dosierung von Nanosilber innerhalb einer dauerhaften Beschichtung notwendig ist, um die Infektion mit dem Coronavirus wirksam zu unterbinden.
Weitere Informationen zum Verbundprojekt
Förderkennzeichen 13N14389 und 13N14390
Projektlaufzeit 07/2017 - 06/2019
Projektumriss NE-Offensive (PDF, 92KB, Datei ist nicht barrierefrei)
Abschlussberichte der Teilvorhaben:
Teilvorhaben 13N14389: Erforschung der antimikrobiellen Beschichtungen (RAS AG, Regensburg)
Teilvorhaben 13N14390: Wissenschaftlichere Praxistest einer neu entwickelten antimikrobiell wirksamen Beschichtung in einer Notaufnahme (Universitätsklinikum Regensburg)