INVOLVE: Verringerung sozialer Vulnerabilität durch freiwilliges Engagement
Die Arbeit von Freiwilligen ist ein wichtiger Stützpfeiler unserer Gesellschaft. Sie trägt wesentlich dazu bei, Katastrophen vorzubeugen oder zu bewältigen. Im interkulturellen Vergleich mit Indien wurden die besonderen Voraussetzungen erkennbar, die für die Bereitschaft zum freiwilligen bzw. ehrenamtlichen Engagement im Katastrophenschutz in Deutschland bestehen. INVOLVE analysierte diese Bedingungen und entwickelt Konzepte, wie freiwillige Helferinnen und Helfer noch gezielter angesprochen werden können. Darüber hinaus wurden Vorschläge erarbeitet, wie Lehr- und Lernmaterialien zur Aus- und Fortbildung an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden können.
Unterstützung für Menschen in Krisen und Katastrophen ist eine Kernaufgabe zahlreicher ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer in den Hilfsorganisationen in Deutschland. Der Wandel der Gesellschaft hat auch auf diesen Bereich große Auswirkungen: Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung in Deutschland ist nach wie vor sehr hoch, wie das beispielsweise die Geflüchtetenhilfe 2015/2016 eindrucksvoll gezeigt hat. Aber Menschen für ein klassisches Ehrenamt mit umfangreichen Ausbildungen und häufigen Einsätzen in der Arbeits- und Freizeit zu gewinnen, wird immer schwieriger. Generell lässt sich auch beobachten, dass die Heterogenität der Bevölkerung und damit auch die Vielfalt der (speziellen) Bedürfnisse in einer Notsituation zunehmen, beziehungsweise neue Bedürfnisse entstehen. Damit steht der Katastrophenschutz vor immer mehr und komplexeren Herausforderungen.
Ziel des deutsch-indischen Forschungsprojekts INVOLVE war es, unter Koordination der Katastrophen-forschungsstelle (KFS), Freie Universität Berlin, im interkulturellen Vergleich mit Indien Lösungsansätze für diese Herausforderungen zu entwickeln. Auch für den indischen Bevölkerungsschutz stellten die Motivation und Einbindung freiwilliger Helferinnen und Helfer angesichts einer sich rapide verändernden und wachsenden Gesellschaft große Herausforderungen dar. Der Vergleich der kulturellen und administrativen Strukturen erlaubte es, Probleme und Lösungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und dadurch voneinander zu lernen. Im Projekt wurden zunächst die Motivlagen ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer untersucht: Was spornt Menschen an, sich ehrenamtlich zu engagieren? Ziel war es, herauszufinden, ob sich Menschen aus vergleichbaren Motiven ehrenamtlich engagieren. So war beispielsweise offen, ob der Wunsch nach Gemeinschaft ein globaler Treiber für Engagement ist.
Zum anderen wurden die konkreten Hilfebedarfe von Betroffenen in Krisen und Katastrophen untersucht. Auch auf diese hatte der gesellschaftliche Wandel Auswirkungen. Bei der Evakuierung während des Hochwassers 2013 war es beispielsweise eine sehr große Herausforderung, pflegebedürftige Menschen zu evakuieren, da viele von ihnen nicht institutionell – das heißt weder in einer stationären Einrichtung, noch von einem Pflegedienst – versorgt wurden und die Rettungskräfte daher oft nicht wussten, wo sich diese Menschen aufhalten. In Katastrophen zeigt sich aber auch, dass die Betroffenheit sehr vielfältig aussehen kann und die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen differenzierter betrachtet werden müssen, um den Bedarfen der notleidenden Menschen besser gerecht werden zu können.
In Deutschland beteiligten sich neben der Katastrophenforschungsstelle der Freien Universität Berlin die Forschungsstelle interkulturelle und komplexe Arbeitswelten der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie das Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes. Forschungspartner aus dem indischen Bangalore waren das National Institute for Advanced Studies und der Karnataka State Fire and Emergency Service.
Die Erkenntnisse aus dem Projekt nutzt das Deutsche Rote Kreuz mit seinen ehrenamtlichen Einsatzkräften sowie Helferinnen und Helfern für die Entwicklung von Maßnahmen, um auf die neuen Herausforderungen besser reagieren zu können. Fast 200 Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler haben sich an diesem Dialog schon beteiligt und dem Projekt damit wertvolle Rückmeldungen aus der Praxis gegeben, die in die Weiterentwicklung der Konzepte einfließen. Das Projekt INVOLVE erforschte, was Helferinnen und Helfer anspornt und motiviert. Daraus können zukünftig neue Konzepte für die Gewinnung von Freiwilligen erstellt werden. Im Fokus stehen dabei Helfergewinnungskonzepte sowie innovative Formen von (Kurz- )Trainings, wie zum Beispiel zum Thema Vernetzung. Durch neue Wege bei der Gewinnung von Helfern aus unterschiedlichen Bereichen können in Zukunft Betroffene in Notfällen bedarfsgerechter versorgt werden. Damit konnte das Projekt INVOLVE einen Beitrag dazu leisten, die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung in Notlagen insgesamt zu erhöhen.
Weiterführende Informationen zum Verbundprojekt
Förderkennzeichen: 13N13027 bis 13N13029
Projektlaufzeit: 01/2015 - 12/2018
Projektumriss INVOLVE (PDF, 90KB, Datei ist nicht barrierefrei)
Abschlussberichte der Teilvorhaben:
Teilvorhaben 13N13027: Transdisziplinäre integrative Vulnerabilitäts- und Resilienzbewertung und freiwilliges Engagement auf Milieuebene (FU Berlin)
Teilvorhaben 13N13028: Motivation zum freiwilligen Engagement in Deutschland und Indien: Grundlage, Zielgruppenansprache, kulturspezifische Schulungsangebote (Friedrich-Schiller-Universität Jena)
Teilvorhaben 13N13029: Initiierung bedarfsgerechter Konzepte des Freiwilligenmanagements im Bevölkerungsschutz unter Berücksichtigung soziodemografischer und lokaler Faktoren (Deutsches Rotes Kreuz e.V., Berlin)