KatHelfer-PRO: Koordination von Spontanhelfenden im Krisen- und Katastrophenfall
Ob bei der Überflutung des Ahrtals, der Corona-Pandemie oder dem Ankommen von Kriegsflüchtlingen – Spontanhelfende spielen bei der Bewältigung von großen Einsatzlagen eine bedeutende Rolle. Doch der Umgang mit ungebundenen Spontanhelfenden und deren zielführender Einsatz in Notfall-, Krisen- und Katastrophensituationen stellt Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben zunehmend vor erhebliche koordinatorische Herausforderungen. In der Praxis fehlt es an Werkzeugen und Vorgehensweisen. Ziel von KatHelfer-PRO ist daher die Schaffung einer IT-Plattform, die im Katastrophenfall umgehend einsatzfähig ist, um Spontanhelfende zu koordinieren. Das technische System wird dabei von einem Organisationskonzept begleitet.
Am 21. und 22. Oktober 2024 haben sich über 1.500 Teilnehmende aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik auf dem Digital-Gipfel in Frankfurt am Main mit hochrangigen Mitgliedern aus der Bundesregierung ausgetauscht. Unter dem diesjährigen Motto „Deutschland Digital – Innovativ. Souverän. International“ standen Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesdigitalminister Dr. Volker Wissing und Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck sowie weitere Mitglieder des Bundeskabinetts Rede und Antwort.
Auch das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Koordination von Spontanhelfenden im Krisen- und Katastrophenfall“ (KatHelfer-PRO) war mit einem eigenen Stand vor Ort. Dort haben die Projektverantwortlichen gezeigt, welchen Herausforderungen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) gegenüberstehen, wenn in Krisen- und Katastrophenlagen plötzlich zahlreiche Spontanhelfende (wie beispielsweise während der Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal) in Einsatzabläufe eingebunden werden müssen.
KatHelfer-PRO hat sich insbesondere auf das Zusammenwirken von neuen technischen Lösungen mit organisatorischen Maßnahmen fokussiert. Innerhalb des Projekts wurde ein technisches System zur Koordination von Spontanhelfenden entwickelt, welches in Teilen auf dem Digital-Gipfel ausprobiert werden konnte. Die Besucherinnen und Besucher konnten beispielsweise ein Dashboard mit Lagekarte bedienen, welches für das BOS-Einsatzmanagement entwickelt wurde. Zudem konnten sich Interessierte über einen Chatbot oder die KatRetter-App probeweise als Helferinnen und Helfer registrieren, um dann zu einem digitalen Beispieleinsatz „gerufen“ zu werden. Demonstrationsszenario war ein Sturmereignis im Raum Frankfurt am Main, bei dem die frisch „rekrutierten“ Spontanhelfenden digital bei Evakuierungs- und Aufräumarbeiten helfen konnten.
Spontanhelfende effektiver einbinden
Das KatHelfer-PRO-System stellt eine Schnittstelle zwischen vorhandenen Instant Messengern und Apps für Spontanhelfende auf der einen Seite sowie Einsatzführungssoftware für BOS auf der anderen Seite dar. Die neue Lösung kommuniziert die Unterstützungsbedarfe von Seiten der Gefahrenabwehr zielgerichtet an die hilfswillige Bevölkerung und erleichtert eine entsprechend koordinierte Einbindung in Katastrophenschutzeinsätze vor Ort. Besonderheit ist hier der Fokus auf bereits bestehende Systeme auf beiden Seiten (Bevölkerung und Organisationen der Gefahrenabwehr), die miteinander verbunden werden, um die Nutzbarkeit und Akzeptanz sicherzustellen.
Um die Zusammenarbeit im Einsatz zu verbessern, entstehen – aufbauend auf eine Reihe von Forschungsergebnissen aus den letzten Jahren – im Projekt neue Konzepte, die Einsatzorganisationen nutzen können, um ihre Einsatz- und Führungskräfte (z.B. über Schulungen) sowie ihre organisatorischen Einsatzstrukturen (z.B. durch die Einführung von Standard-Einsatz-Regeln) besser vorzubereiten.
Durchgeführt wird das Projekt unter der Leitung von T-Systems von den Projektpartnern Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universität Paderborn, Fraunhofer-Institut FOKUS, Universität Stuttgart, Malteser Hilfsdienst e.V. und DRK Kreisverband Berlin Schöneberg-Wilmersdorf e. V. Unterstützt wird das Konsortium durch eine große Anzahl assoziierter Partner.
KatHelfer-PRO läuft über zwei Jahre bis zum Ende des ersten Quartals 2025.
KatHelfer-PRO Abschlussübung
Die Nutzerzufriedenheit des KatHelfer-PRO-Systems wurde in vergangenen Praxistest bereits eingehend evaluiert. Die gesamte Funktionsweise des Systems inklusive der hinzugekommenen Neuerungen wurden am 19. Oktober 2024 nochmal abschließend im Rahmen einer großen Einsatzübung mit einer Vielzahl an Spontanhelfenden in Berlin getestet.
In dem Übungsszenario bewältigten die Einsatzkräfte des Roten Kreuzes sowie des Malteser Hilfsdienstes gemeinsam mit den Kräften des technischen Hilfswerks einen groß angelegten Katastrophenschutzeinsatz. Besonderheit war, dass die gestellten Aufgaben und das geplante Zeitkontingent die Möglichkeiten der professionellen Kräfte überschritten. Diese Situation veranlasste die Kräfte dazu, die Spontanhelfenden in die Aufgabenbewältigung einzubinden. Vorausgegangene Schulungen hatten die Einsatz- und Führungskräfte auf diese Lage vorbereitet. Auf diese Weise wurde das Übungsziel erreicht, Spontanhelfende möglichst effizient und strukturiert einzubinden, um eine bestmögliche Hilfe im Einsatzfall zu gewährleisten.
Die drei erfolgreich abgeschlossenen Übungen sowie die bisherigen Projektergebnisse haben bereits das Interesse von politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in unterschiedlichen Ländern und Kommunen geweckt, in deren Verantwortung die Koordination und Bedarfsplanung des Katastrophenschutzes liegt und die das Potential erkannt haben, sich mit den in KatHelfer-PRO entwickelten Lösungen besser für die Zukunft zu rüsten. Denn große Einsatzlagen, in denen eine Vielzahl an Helfenden oder Spezialfähigkeiten benötigt werden, werden weiter zunehmen und so die Einsatzorganisationen und ihre vorhandenen personellen Kapazitäten stark fordern. Eine gezielte und im Ernstfall schnell einzubindende Unterstützung aus der Bevölkerung ist somit ein wertvoller Baustein zur Verbesserung des Katastrophenschutzes und der Bevölkerungsresilienz insgesamt.
Weitere Informationen zum Verbundprojekt
Förderkennzeichen 13N16546 bis 13N16552
Projektlaufzeit: Januar 2023 - Dezember 2024