SIKID: Sicherheit für Kinder in der digitalen Welt: Regulierung verbessern, Akteure vernetzen, Kinderrechte umsetzen
Heranwachsende sind eine besonders verletzliche und schutzbedürftige Gruppe. Ein Drittel der Internetnutzenden weltweit ist jünger als 18 Jahre. Oft gelangen Kinder verfrüht und nicht ausreichend begleitet in die digitalen Welten und werden mit diesen überfordert. Kinder konsumieren heute nicht nur Medien, sondern kreieren Inhalte und interagieren in Spielen, Chats und Sozialen Medien, ohne die Folgen ihres Online-Handelns sicher abschätzen zu können. Hier entstehen neue, bisher unbekannte Gefährdungslagen. In SIKID sollen Jugendschutzkonzepte für das Internet von einem kinderrechtlichen Ansatz her entwickelt werden.
Wie lässt sich ethisch reflektiert mit Kindern zu sensiblen Themen forschen?
Kinder und Jugendliche sind im Internet möglichen Sicherheitsgefährdungen wie Cybermobbing, Cybergrooming, Desinformation oder Hass und Hetze ausgesetzt. In dem BMBF-Projekt „Sicherheit für Kinder in der digitalen Welt“ (SIKID) wurde daher ein forschungsethisches Konzept erarbeitet, das eine kinderrechtlich fundierte Forschung in sensiblen Themenbereichen ermöglichen soll. Damit soll über das Projekt hinaus ein Beitrag für eine kindgerechte und ethisch reflektierte Umsetzung kindlicher Beteiligungs- wie auch Schutzansprüche bei Sicherheitsgefährdungen, wie beispielsweise Cybergrooming, ermöglicht werden. Cybergrooming ist ein Vorgang, bei dem Erwachsene sich online als Kinder ausgeben, um das Vertrauen von Kindern zu erschleichen, mit der Intention eines sexuellen Missbrauchs bis hin zur Tötung. Ziel von SIKID ist daher, Forschende zu sensibilisieren und die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen stärker in ihre Arbeit einzubeziehen.
Um zu untersuchen, wie Onlinekommunikation für Kinder und Jugendliche durch Forschung sicherer ausgestaltet werden kann, führt das BMBF-Projekt SIKID empirische Befragungen durch. Hierfür wurde im Vorfeld aus interdisziplinärer Perspektive ein forschungsethisches Konzept für die zivile Sicherheitsforschung erarbeitet. Dabei spielte die Frage eine Rolle, wie Kinderrechte partizipativ gestärkt werden können.
Forschung aus Perspektive der Kinder
Da junge Menschen in der Onlinekommunikation frühzeitig sozialisiert werden, ist es wichtig, ihre Perspektiven und Erfahrungen zu hören, um Sicherheitsgefährdungen adäquat entgegenwirken zu können. Denn Kinder sind im digitalen Raum nicht nur Konsumierende, sondern auch Kreierende und Kontaktpersonen bei der Kommunikation mit Dritten. Folglich sollte eine Forschung mit Kindern nicht nur aus dem Betrachtungswinkel Erwachsener betrieben werden.
Aus kinderrechtlicher Perspektive bildet der Dreiklang von Schutz, Beteiligung und Befähigung ein zentrales Kriterium, für dessen Abwägung das Kindeswohl entscheidend ist: Wie können Kinder an Forschung beteiligt werden, ohne dass sie dabei selbst negativ beeinflusst werden, zum Beispiel durch Re-Traumatisierung oder Verängstigung? Wie lässt sich die Autonomie von Kindern beachten und gleichzeitig angemessene Fürsorge im gesamten Forschungsprozess sicherstellen? Um Befähigung zu stärken, sind, laut UN-Kinderrechtskonvention, die sich noch entwickelnden Fähigkeiten des Kindes zu berücksichtigen, die sowohl im Kindheitsverlauf als auch unter Kindern der gleichen Kindheitsphase variieren. Ziel ist es, Kinder angemessen in der Forschung einzubeziehen, sie in ihrer eigenen Entscheidungsfindung zu befähigen, aber gleichzeitig nicht zu überfordern.
Anhand verschiedener Spannungsfelder wird im forschungsethischen Konzept skizziert, wie die Partizipation von Heranwachsenden in Forschungsprozessen gestärkt und gleichzeitig ihr Schutz gewährleistet werden kann.
Dazu braucht es grundlegend eine kindgerechte und entwicklungsangemessene informierte Einwilligung, die bezogen auf konkrete Kontexte und Entwicklungsphasen entwickelt wird. Es bedarf einer sorgfältigen Rechtfertigung der Forschungsziele mit Blick auf das Kindeswohl und methodische Vorüberlegungen zur Forschung mit jungen Menschen.
Zudem sollte vor, während und nach dem Forschungsprozess der Einbezug bzw. die Rolle der beteiligten Sorgeberechtigten reflektiert werden. Damit Kinder mit unterschiedlichen Bedarfen und Fähigkeiten partizipieren können, ist eine zielgruppenorientierte und kindgerechte Sprache wesentlich. Barrierefreie Teilnahmemöglichkeiten können sicherstellen, dass alle Kinder ein Recht auf Partizipation an sie betreffender Forschung haben. Ein weiteres Augenmerk sollte auf Gruppendynamiken gelegt werden, um Ausgrenzung und Mobbing vorzubeugen.
Schlüssel einer kinderrechtlich fundierten Forschung ist es, Heranwachsende in der Forschung als handelnde Subjekte zu sehen, deren Perspektiven, Bedarfe und Lösungsvorschläge in allen sie betreffenden Lebensbereichen einbezogen werden. Denn ein stärkerer Einbezug von Kindern leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag für intergenerationale Gerechtigkeit, sondern macht die entstehenden Forschungsergebnisse aussagekräftiger und zielgruppengerechter. Dies ist für die zivile Sicherheitsforschung besonders bedeutsam, da sich Sicherheitsgefährdungen im digitalen Kontext zunehmend in halb-öffentliche (auf Social Media wie Instagram oder TikTok) oder gar private Kommunikationsräume (auf Messengern) verlagern und es für nachhaltige Lösungsansätze ausschlaggebend ist, Kinder als gesellschaftliche Gruppe zu sicherer Teilhabe in digitalen Lebenswelten zu befähigen.
Das SIKID-Projekt wird vom BMBF im Rahmen der Förderrichtlinie „Zivile Sicherheit – Gesellschaften im Wandel“ von September 2021 bis August 2024 mit rund 1,2 Million Euro gefördert. Konsortialpartner sind das Internationale Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Eberhard Karls Universität Tübingen, das Institut für Erziehungswissenschaft der Technischen Universität Berlin sowie das Hans-Bredow-Institut des Leibniz-Instituts für Medienforschung in Hamburg.
Autorinnen: Dr. Ingrid Stapf, PD Dr. Jessica Heesen, Cora Bieß (alle Eberhard Karls Universität Tübingen)
Weitere Informationen und Publikationen zum Projekt finden Sie auf der Projektwebseite.
Weitere Informationen zum Verbundprojekt
Förderkennzeichen: 13N15884 bis 13N15886
Projektlaufzeit: September 2021 – August 2024
Projektumriss SIKID (PDF, 131KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)